Grundstufe ade - dafür sind die Mieten jetzt transparent
Die Abstimmung über das "Schulexperiment" der Grundstufe im Kanton Zürich stand, wie in der Vergangenheit auch stets, im Zeichen des Kulturkampfes zwischen den Bewahrern und den Neuerern. Zu diesem Schluss kommt man jedenfalls wenn man die Gemeinderesultate etwas genauer anschaut, wie ich das in meiner Analyse zum 25. November gemacht habe. Interessant immerhin, dass die Zustimmung dort, wo die Grundstufe bereits versuchsweise eingeführt wurde, grösser war als anderswo, und zwar ungeachtet, ob es sich dabei um eine ländliche oder urbane, oder auch eine poltisch konservative oder progressive Gemeinde handelte (siehe auch den Artikel im Tages Anzeiger vom 1.12.).
Interessant sind auch die Resultate der Abstimmung zur Wiedereinführung der Formularpflicht im Mietwesen, zumal wenn man sie mit derjenigen zu ihrer Abschaffung vor zehn Jahren vergleicht. Die erneute Mehrheitsfähigkeit ist vor allem der deutlich höheren Zustimmung in den urbanen Gebieten zu verdanken - dort also wo der Druck auf die Mietpreise auf dem freien Markt gegenwärtig besonders stark ist. Die Zuwanderung ist sicher nicht der einzige Grund dafür, aber ein wesentlicher. Auch wenn die Formularpflicht als Massnahme eher homöopathischer Natur ist (es hilft vielleicht, wenn man daran glaubt), und das Resultat ziemlich knapp, gehört dieser Volksentscheid in eine Reihe von Warnsignalen - Annahme der Kulturlandinitiative, Bezahlbare Wohnungen für Zürich etc. - die etwas ernster genommen werden sollten, als dies gegenwärtig der Fall ist. Sie signalisieren ein Unbehagen mit der gegenwärtigen Entwicklung, das sich auch einmal Luft verschaffen könnte, wenn es nicht mehr nur um Symbolik geht.
zehn Jahre politische Landkarte des Kantons Zürich
Seit ihrer ersten bescheidenen Inkarnation im Kanton Zürich in Zahlen anno 2002 hat sie sich beharrlich weiterentwickelt, wie die drei Beispiele unten zeigen. Erstaunlich konstant ist hingegen die Konstellation der Zürcher Gemeinden am politischen Firmament geblieben. Die Zeiten ändern sich zwar, aber doch weniger rasch als man oft meint.
Ertrinkt die Partizipation in der Vorlagenschwemme?
Bei derart vielen Vorlagen, wie sie am 17. Juni im Kanton Zürich zur Abstimmung kamen, war es schwer, den Überblick zu behalten. Ich habe deshalb in meiner Analyse für einmal kapituliert und stattdessen die Frage zu beantworten versucht, ob die Fülle auch das Stimmvolk entmutigt, d.h. ob sich ein genereller Zusammenhang nachweisen lässt zwischen Beteiligung und Quantität. Vielleicht etwas überraschend ist das, zumindest in den vergangenen zehn Jahren kaum der Fall. Zum Lachen gebracht hat mich das Heer der "Statistiker", die sich gemäss der sda-Meldung (NZZ online vom 25.6.2012) zur Publikation geschäftig über das Problem gebeugt haben sollen. Erfreulich kompetent dagegen der Text in der Printausgabe tags darauf (NZZ 26.6.2012). Siehe auch den Tages-Anzeiger vom 26.6.
Vom Zürcher Bürgerrechtsgesetz und den Grenzen der Erkenntnis
Meine Analyse der Zürcher Resultate der Abstimmungen vom 11.3. 2012 bewegt sich zwar zu einem guten Teil auf einer Meta-Ebene: Sie befasst sich also mit der Frage, was kann man überhaupt wissen, aufgrund der aktuellen Resultate und dem bereits Bekannten? Wo lässt sich Mehrwert bieten? Die Antwort darauf ist natürlich wie meist - das eine oder andere ziemlich sicher, anderes hingegen kaum. Die meisten Fragen bleiben offen. Man muss es vielleicht wieder einmal betonen: You get what you pay for. Aggregatsdatenanalysen sind billig. Sie brauchen bloss ein bisschen Grips und eine bescheidene Infrastruktur - aber ihre Reichweite ist natürlich begrenzt.
Immerhin: Beim Bürgerrechtsgesetz scheint mir der Vergleich mit der Ausschaffungsinitiative instruktiv. Auch wenn es in den teils triumphierenden Kommentaren oft vergessen ging: Auch diesmal, wie vor anderhalb Jahren hat die SVP für ihren verschärfenden Gegenvorschlag erheblich über ihr Potential hinaus und beinahe flächendeckend Stimmen geholt. Dass sich der Solo-Coup von damals nicht wiederholen liess, hat wahrscheinlich vor allem mit der viel geringeren Mobilisierung zu tun. Hier die SDA-Meldung dazu auf NZZ-Online oder im Limmattaler, aber auch im Landboten mit je unterschiedlicher Betitel- und Bebilderung. Und schliesslich auch noch den NZZ-Artikel vom 17.3.
Zürcher Ständeratswahlen zum Ersten...
Wie sich die Zürcher Parteiwählerschaften in den Ständeratswahlen vom 23.10. entschieden haben? meine aktuelle Analyse "Partei oder Persönlichkeit?" zeigt, wie es damit wahrscheinlich verhielt (siehe auch die Artikel in der NZZ und im Tages-Anzeiger vom 29.10, im Limmattaler vom 25.11. und den Kommentar von Claude Longchamp auf zoonpoliticon, wie stets mit interessanten Zusatzüberlegungen; meine Präsentation in seinem Berner Forschungsseminar fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Vor- und Nachanalyse zusammen). Die Speisekarte war jedenfalls reichhaltig genug; es reicht deshalb noch für Aufgewärmtes bis weit in den November hinein. Die SVP-Wähler hielten Diät: Bloss Blocher und sonst (fast) niemanden. Gutzwiller, natürlich für seine eigenen Parteigänger und bis weit in die Mitte ein gefundenes Fressen, war für die SVP-Wähler nur sehr mässig palatabel. Doch wenn viele mit mässigem Eifer speisen, kommt doch was weg - freilich eben nicht ganz genug. Bei Verena Diener langten alle (ausser natürlich der SVP) herzhaft zu. Da bleibt nicht mehr viel übrig. Nicht zuletzt auch weil man im Linkslager offenbar der Meinung war, dass man lieber dort mitisst, wo am Ende möglicherweise keine Resten mehr im Topf sein würden.
Nein im Ernst: das historische Novum eines zweiten Wahlgangs für beide bisherigen Zürcher Ständeräte ist, auch wenn es mit einiger Wahrscheinlichkeit dann trotzdem am Ende bei Diener und Gutzwiller bleibt, symptomatisch für die das politsche Klima hierzulande. Und deshalb interessant. Auch vier Jahre später noch: die NZZ zitiert die Analyse am 1.9.2015 noch einmal ausgiebig: "Bei Ständeratswahlen kommt es oft zu Überraschungen".
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